Am heutigen Nachmittag ist es soweit: die längste Brücke Deutschlands, die Rügen mit der Stralsunder Küste verbindet, wird für den Autoverkehr freigegeben. Mit einem großen Volksfest feierten zahlreiche Besucher am vergangenen Wochenende die Einweihung des 125 Millionen Euro teuren Verkehrsprojekts, dass den kilometerlangen Autokolonnen vor Deutschlands beliebtester Ferieninsel ein Ende setzen soll. Doch es gibt auch kritische Stimmen. Umweltschützer warnen, dass die Staus durch das neue Bauwerk nur von den Straßen des Festlands auf die Alleen der Insel verlagert wurden.
Bereits kurz nachdem Bundeskanzlerin Angelika Merkel, Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee und der Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns Harald Ringstorff die neue Rügenverbindung offiziell eröffneten, herrschte auf der 4,1 Kilometer langen Brücke dichtes Gedränge. Allein am Samstag nutzen 120 000 Besucher die Gelegenheit das spektakuläre Verkehrsprojekt über den Strelasund zu Fuß zu überqueren, bevor es heute Nachmittag für den Autoverkehr freigegeben wird.
Ab dann sollen täglich bis zu 23 000 Autos über die neue Rügenbrücke rollen, bis zu 9000 weitere können zudem den 1936 eingeweihten Rügendamm, die bisher einzige Verbindung zur Ostseeinsel, weiterhin nutzen. Eine Kapazitätserweiterung von immerhin 14 000 Fahrzeugen pro Tag. Dazu wurden nicht weniger als 180 000 Tonnen Beton und 22 000 Tonnen Stahl verbaut. Der Verkehr wird künftig über zunächst zwei von drei Spuren von einem auf Kameras und Sensoren basierendem System mit Leitstelle in Malchow gesteuert.
Da das neue Bauwerk zur problemlosen Durchfahrt des Schiffverkehrs eine Höhe von bis zu 42 Metern erreicht, wurde ein spezielles Windabweisersystem installiert, das die Kippgefahr für LKWs um ein Drittel reduziert. So muss die neue Verbindung allen falls bei hohen Windstärken für Brummis und PKW-Gespanne gesperrt werden, die dann jedoch über den alten Rügendamm ausweichen können.
Trotz der gewonnen zusätzlichen Kapazität zweifeln Umweltschützer, dass die neue Rügenbrücke die Verkehrsprobleme des Eilandes endgültig lösen wird. Sie weisen darauf hin, dass die sich Automassen künftig nicht mehr vor Rügen, sondern auf den alten Alleen der Insel stauen werden. Nach dem Verlassen des neuen Bauwerks wird der Verkehr auf die engen, baumumstandenen Straßen geführt, die ein neues Nadelöhr darstellen. Dieses Problem soll jedoch, laut der Planungsgesellschaft Deges, bis spätestens 2011 gelöst werden. Dann soll eine 20 Kilometer lange, neue Bundesstraße die Alleen von den Autolasten erlösen. Der Baustart für die Entlastungsstrecke hatte sich aufgrund der Nachmeldung von Naturschutzgebieten erheblich nach hinten verschoben.