Was die Urlauber freut, wird in Spanien langsam zu einem richtig großen Problem. In einigen Regionen Spaniens hat es mittlerweile seit mehr als einem Jahr nicht mehr geregnet und die Wasserreservoirs in den Stauseen, die die Versorgung auch außerhalb der Regenszeiten sicherstellen sollen, gleichen stellenweise eher kleinen Tümpeln und sind kaum noch in der Lage, den Wasserbedarf der Landwirtschaft und der großen Städte noch lange zu decken. Besonders betroffen ist die Provinz Katalonien im Nordosten Spaniens, zu der unter anderem auch der beliebte Küstenstreifen „Costa Brava“ und die Millionenmetropole Barcelona gehören. Sowohl in Barcelona als auch an der Costa Brava sind schon die ersten Stufen des Wassernotstands ausgerufen worden.
Nach Agenturberichten soll es in Spanien seit 40 Jahren nicht mehr zu einer solch langen Dürreperiode gekommen sein. Teilweise muß die Wasserversorgung in den Dörfern schon über Tankwagen geregelt werden. Die Felder sind vielerorts bereits verdorrt und der Rückgang des Wassers in den Stauseen hat an einigen Stellen sogar schon dazu geführt, dass einstmals überflutete Dörfer wieder vom Wasser frei gegeben werden.
In Barcelona sind die ersten Maßnahmen zum Wassersparen bereits eingeleitet worden. Wasserverschwendung, wie Autos waschen oder gefüllte private Swimmingpools, werden mit Geldbußen geahndet. Öffentliche Anlagen werden nicht mehr gewässert und auch die Springbrunnen der Stadt sind abgestellt worden.
Große Sorge herrscht jetzt auch in der Tourismusindustrie. Was eigentlich in normalen Zeiten ein Segen ist, entwickelt sich nun zum Fluch. Sollten in den nächsten Tagen und Wochen auch weiterhin keine Niederschläge fallen, müssen die Hoteliers ihre Wassernutzung drastisch einschränken. Pools dürften nicht mehr gefüllt werden und auch ansonsten wäre die Wassernutzung stark reglementiert. Für die Hoteliers bedeutet das eine mittelschwere Katastrophe, denn Bilder von leeren Swimmingpools und verdorrten Landschaften würden das strahlende Urlaubsimage der Region arg strapazieren und möglicherweise zu ausbleibenden Gästezahlen führen.
Aber wäre das wirklich so schlimm? Für die Hoteliers und die gesamte Tourismusindustrie sicherlich. Aber für die Natur? Der zusätzliche Wasserbedarf durch die Hundertausenden Urlauber ist jedes Jahr gigantisch. Nicht nur Pools und Parkanlagen werden auf „schön getrimmt“. Auch der „normale“ Wasserverbrauch durch Duschen, Baden, etc. erhöht sich um ein Vielfaches und nicht zuletzt der Wunsch nach satten grünen Golfplätzen verschlingt Millionen Liter Wasser. Die Natur, die eh schon arg strapaziert ist, wird nochmals bis an ihre Schmerzgrenze – und vielleicht auch darüber hinaus – belastet. Vielleicht in manchen Regionen auch umunkehrbar geschädigt…
Es gibt genügend andere schöne Urlaubsziele, in denen es diese Probleme aktuell nicht gibt. Wäre es daher nicht sinnvoller, die Urlauberströme aufgrund der aktuellen Situation im Sinne einer Regeneration der natürlichen Resourcen bewußt in derzeit nicht gefährdete Gebiete umzuleiten, anstatt das Problem durch Scharen von Urlaubern noch zu verschärfen? Die Lobbyisten der Hotel- und Tourismusbranche in Katalonien laufen schon jetzt mit erhobenen Fingern umher und malen Schreckensszenarien von ausbleibenden Touristen und nachhaltigen Imageverlusten für die Region an die Wand, wenn denn nicht – auf welchem Wege auch immer – für genügend Wasser in den Urlaubsorten und Hotels gesorgt werde. Erste Überlegungen zum Umleiten von Flüssen aus anderen Regionen sind schon getroffen worden und werden kontrovers diskutiert. Die Politiker in den einzelnen Provinzen Spaniens vertreten – vielleicht verständlicherweise – dabei ausschließlich ihre eigenen Interessen und sind derzeit heftig zerstritten. Keiner möchte dem anderen etwas von seinem kostbaren Gut abgeben.
Man darf gespannt sein, wie die Diskussion weitergeht. Vielleicht haben die Costa Brava und ganz Katalonien ja Glück und der Wettergott schickt in Kürze die gewünschten Niederschläge, so dass sich die ganze Diskussion in Rauch auflöst. Wenn das nicht der Fall sein sollte, sollten die Tourismusverantwortlichen vielleicht auch einmal darüber nachdenken, ob es für die Region nicht sogar einen Imagegewinn bedeuten könnte, wenn man lieber bewußt einmal auf Urlauber verzichtet, um der Natur stattdessen Zeit zur Erholung zu gewähren. Auch solche Entscheidungen für einen bewußten Tourismus, der auch ökologische Belange berücksichtigt, lassen sich mittel- und langfristig vielleicht in sehr gute Imagekampagnen verpacken.