Bereits zum zehnten Mal hat der ADAC europäische Tunnel auf ihre Sicherheitsstanddards getestet und beim diesjährigen Test die schlechtetsen Ergebnisse seit fünf Jahren feststellen müssen. Insgesamt wurden 31 Tunnel in elf europäischen Ländern überprüft, fast jeder dritte Tunnel fiel bei dem Test mit der Note „bedenklich“ oder „ungenügend“ durch. Die von den Testern festgestellten Sicherheitsdefizite waren teilweise frapierend. Ein Unfall in einem dieser Tunnel könnte daher katastrophale Folgen haben. Auch in Deutschland genügen bei weitem nicht alle Tunnel den bestmöglichen Sicherheitsanforderungen des ADAC. Ganz besonders schlecht ist es derzeit offensichtlich um die Sicherheit der Tunnel in Norwegen bestellt. Alle drei dort überprüften Tunnel erhielten die Note „mangelhaft“.
Die Bewertung der einzelnen Tunnel erfolgt nach einer vom ADAC erstellten Checkliste, die unter anderem auch die Mindestanforderungen einer EU-Richtline für die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz mit berücksichtigt. Kriterien bei der Bewertung waren dabei Aspekte wie Brandschutzeinrichtungen, Flucht- und Rettungswege, Verkehr- und Verkehrsüberwachung, Kommunikation, Lüftung, Tunnelsystem, Notfallmanagement sowie das Tunnelsystem und die Beleuchtung und Energieversorgung.
Der nach Meinung der ADAC Experten beste Tunnel befindet sich in Andorra. Der 2006 fertiggestellte, 1,3 Kilometer lange „Pont Pla“ verfügt über alle sicherheitsrelevanten Einrichtungen und erhielt die Bestnote. Auf Platz 2 folgt mit dem Heidkopf-Tunnel auf der A38 zwischen Göttingen und Halle der beste deutsche Tunnel. Insgesamt erhielten zehn Tunnel das Prädikat „sehr gut“, unter anderem auch der „Trebesing“ (A 10 Salzburg – Villach) und der „Kalcherkogel“ ( A2 Graz-Klagenfurt) in Österreich, der „Flüelen“ (A 4 Schwyz – Altdorf), der „San Bernardino“ (A 13 Splügen – Bellinzona) und der „Mappo-Morettina“ (A 13 Bellinzona – Brissago) in der Schweiz, der „Veliki Gložac“ (A 6 Zagreb – Rijeka) in Kroatien sowie der „Loma de Bas“( AP 7 Cartagena – Vera) und der „Guadarrama III“( AP 6 Madrid – A Coruña) in Spanien.
Das Ende des Feldes ziert wie in den Vorjahren wieder ein Tunnel aus Italien. Der 2,4 Kilometer lange „Cernobbio“ am Comer See wirkt oberflächlich gar nicht einmal so schlecht, verfügt jedoch nur über einen einzigen Notausgang, dessen Auffinden im Notfall eher einem Glücksspiel gleicht, da die Fluchtwege nicht gekennzeichnet sind. Außerdem fehlen Notrufeinrichtungen, eine Videoüberwachung, Feuerlöscher oder Brandmeldeeinrichtungen. Fast 18.000 Fahrzeuge durchqueren diesen Tunnel im Gegenverkehr täglich. Staus sind keine Seltenheit. Ein Unfall mit Brandfolgen würde hier wahrscheinlich viele Opfer fordern. Nicht viel besser sieht es bei den drei norwegischen getesten Tunneln aus (Eikefet, Jernfjell und Matreberg). In Deutschland schrammte der Düsseldorfer Universitätstunnel nur knapp an einem „mangelhaft“ vorbei, da hier eine vernünftige Verkehrsüberwachung fehlt.
Es ist eigentlich erstaunlich, dass bei den zum Teil riesigen Investitionen in die europäische Infrastruktur bei vielen Tunneln nicht genügend in das Thema Sicherheit investiert wird. Notausgänge, zu denen man mehrere Kilometer laufen muß (sofern überhaupt welche vorhanden sind), fehlende Entlüftungen, die einen großen Teil des bei einem Fahrzeugbrand entstehenden giftigen Rauchs aus dem Tunnel befördern könnten oder ebenfalls fehlende Kommunikationseinrichtungen (wie z.B. Lautsprecher), über die die im Tunnel eingeschlossenen Menschen informiert werden könnten, was sie im Falle eines Unfalls tun sollen, darf es eigentlich im modernen Straßenverkehr nicht mehr geben. Man kann dem ADAC nur dankbar sein, dass er diese Mißstände bei vielen Tunneln aufdeckt und auch entsprechend kommuniziert. Vielleicht lassen sich die Betreiber der Tunnel dadurch schneller zu entsprechenden Investitionen in die Tunnelsicherheit veranlassen – und nicht erst dann, wenn es erst weder einen schweren Unfall mit vielen Toten und Verletzten gegeben hat.
Immerhin müssen gemäß einer EU-Richtline sowieso alle Tunnel innerhalb der EU bis spätestens 2014 bestimmte Minimalsicherheitsstandards erfüllen. Der ADAC schätzt, dass dadurch bis zu sieben Milliarden Euro in die Tunnelnachrüstung investiert werden müssen.