Es ist erst ein knappes halbes Jahr her, dass am Flughafen Heathrow das für mehrere Milliarden Euro hoch technisierte Terminal 5 eröffnet wurde, jetzt steht der Londoner Airport auf einmal völlig zur Disposition. Geht es nach Londons amtierendem Bürgermeister Boris Johnson, soll die englische Hauptstadt einen komplett neuen Flughafen erhalten. In seinen Plänen liegt dieser Mega-Airport auf einer künstlichen Insel in der Themse und ermöglicht es, innerhalb kürzester Zeit sowohl die Stadt als auch via Eurotunnel den Kontinent zu erreichen.

Es sollte dem Chaos in Heathrow ein Ende setzten und wurde ein gewaltiger Flop. Die chaotische Inbetriebnahme von Terminal 5 am Londoner Flughafen führte die Serie von Pannen, Pech und Pleiten des Hauptstadt-Airports fort. Lange Wege und Wartezeiten, tagtägliche Verspätungen, Probleme mit der Planung der dritten Landeplan – einer der verkehrsreichsten Flughäfen Europas genießt einen denkbar schlechten Ruf. Johnson bezeichnete Heathrow gar als „Planungsfehler“ der 1960er Jahre, mithin ist der Flughafen an die Grenzen seiner Kapazität gestoßen. Da Naturschützer und Anwohner gegen die Erweiterung der dringend benötigten zusätzlichen Runway massiv protestieren, stehen derzeit rund 10-Millarden-Pfund auf der Kippe.

Johnsons Vision sieht einen komplett neuen Flughafen in der Grafschaft Kent vor. Auf einer künstlichen Insel in der Themse soll der Airport mit vier Landebahnen (erweiterbar auf sechs) errichtet werden. Die Einflugschneise würde somit über der Nordsee liegen, die Londoner City und der Eurostar und damit die Anbindung an den Kontinent, wären in einer guten halben Stunde erreichbar, Potential für spätere Ausbauten vorhanden. Die Bauzeit soll gerade einmal sechs Jahre betragen. Als positive Beispiele für die Umsiedlung eines Großflughafens werden von den Befürwortern des Projekts die Airports von Hongkong und Washington herangezogen. Der nicht mehr benötigte Flughafen Heathrow soll später zu einem Wohn- und Technologiezentrum umfunktioniert werden.

Unklar ist derweil noch, wie die Finanzierung von geschätzten 40 Milliarden Pfund für die Flughafen-Insel realisiert werden soll. Zudem ist für das Megaprojekt ebenfalls mit Protesten von Naturschützern und Anwohnern zu rechnen. Auch von Seiten der Wirtschaft von Europas größtem Handels- und Finanzplatz ist mit Protesten zu rechnen, denn ein, wenn auch nicht immer reibungsloser, laufender Flugverkehr dürfte der Geschäftswelt allemal lieber sein, als ein, bisher nur als vage Vorstellung existierendes Großprojekt mit allen zu erwartenden Komplikationen.