Viele Schweizer Frauen freuen sich auf diesen Tag – weil sie dann endlich wieder sehen, wir ihr Liebster unter dem gewaltigen Gestrüpp im Gesicht aussieht. Am 24. Oktober 2015 lassen sich die Männer in Engelberg in der Zentralschweiz bei der „Ängälbärger Bartabhauätä“ traditionell den Bart „abschlagen“, einem alten Brauch folgend.
Dieser stammt ursprünglich von den Schweizer Bauern, die den ganzen Sommer über ohne Strom auf ihren Almen verbrachten und auch sonst wenig Muße zum Rasieren verspürten. Bei ihrer Rückkehr ins Tal war ihr Antlitz zum Teil derart verändert, dass es den Frauen nicht immer leicht fiel, beim Wiedersehen dem Richtigen um den Hals zu fallen.
Heute kann jeder mitmachen bei der nicht ganz so ernst gemeinten Bart-Show, die vor sechs Jahren vom Kanton Schwyz ins Klosterdorf Engelberg verlegt wurde. Ist der Kopf erstmal durch das große Holzloch im Pranger gesteckt, steht auf der anderen Seite schon die „Barbierin“ mit dem großen Bartschneider parat. Sie notiert auch das Gewicht der Haare – denn wer davon am meisten auf die Waage bringt, wird zum Bartkönig gekürt. Im letzten Jahr gewann Andi Trütsch mit seinem 21,849 Gramm schweren Siegerbart. Und zwar den Wettbewerb und obendrein einen der sogenannten Lebendpreise: ein Kalb oder eine Ziege. „Das lohnt sich“, sagt Trütsch. Deshalb ist er schon drei Mal von Unteriberg ins Engelberger Hochtal zur dortigen „Bartabhauätä“ gereist, zweimal davon hat er den Hauptpreis kassiert.
Den Sommer verbringt Trütsch mit seiner Familie in 1.400 Metern auf einer Alphütte oberhalb von Wang im Kanton Obwalden. Elektrischen Anschluss gibt’s keinen, dafür ein paar Dutzend Kühe, für die das Futter im Tal zu knapp wäre. Insofern würde er sich auch über einen der anderen Preise freuen: Etwa 20 Hackpfähle, Kuhglocken, Fleisch, Käse oder Kraftfutter für die Kühe – also allerlei nützliche Dinge für einen Bergbauern, keiner geht leer aus. Und vielleicht steht bei Andi Trütsch ja bald wieder ein Kalb mehr auf der Weide.
Die Zeremonie findet am 24. Oktober 2015 ab 20 Uhr im Restaurant Wasserfall in Engelberg statt. Anschließend wird bei Musik und Tanz gefeiert, dem sogenannten Stubitzen. Der Eintritt kostet zehn Schweizer Franken. Anmeldung ist nicht erforderlich. (Engelberg Tourismus)
Das war aber ein schöner Brauch. Und es lohnt sich. Ein Kalb. Respekt.