Seit kurzem können Besucher im zentralpolnischen Łódź (Lodsch) Energieerzeugung, Wissenschaftsgeschichte, Mikro- und Makrokosmos hautnah erleben. Im historischen Elektrizitätswerk EC1 am Bahnhof Łódź Fabryczna eröffnete Polens größtes und modernstes Science Center. Der neu gestaltete spektakuläre Hochgeschwindigkeitsbahnhof und das EC1 mit seinen weiteren Kultureinrichtungen sind die Flaggschiffprojekte des Stadtumbaus der drittgrößten polnischen Stadt. Wie überall in der einstigen Textilmetropole trifft dort das industrielle Erbe mit seinen markanten Backsteinbauten auf die Moderne des 21. Jahrhunderts.
Einmal selbst die Stromproduktion für eine ganze Großstadt steuern. Dieser Traum geht für große und kleine Besucher im neuen Science Center im EC1 in Erfüllung. Zumindest virtuell können sie in der restaurierten Schaltzentrale des einstigen Heizkraftwerkes die Energieerzeugung regeln. Im ehemaligen Elektrizitätswerk blieben große Teile der ursprünglichen Maschineneinrichtung erhalten. So können Besucher zum Beispiel das Innenleben eines riesigen Brennofens erkunden oder einer Turbine bei der Arbeit zusehen.
Ausprobieren und mitmachen heißt es auch bei der wissenschaftsgeschichtlichen Ausstellung. Dort können Gäste ebenso uralte Prinzipien der Mechanik und Optik kennenlernen, wie auch hausgemachte Polarlichter erleben, den Wärmeverlust von Objekten sichtbar machen oder mit modernster Technik den Inhalt verdächtiger Koffer durchleuchten. Der dritte Ausstellungsstrang entführt in die kleinsten und größten Entfernungen unserer Welt. Mit interaktiven Methoden können Besucher nicht nur in die galaktischen Weiten reisen. Auch ein Besuch zwischen Molekülen und Atomen ist möglich. Eindrucksvolle Einblicke ermöglicht das moderne 3D-Kugelkino, das am Ort einer ehemaligen Turboturbine installiert wurde. Im ehemaligen Kühlturm des EC1 haben Besucher zudem die Möglichkeit, eine Reise zur internationalen Raumstation ISS zu unternehmen.
In den anderen Gebäuden des EC1 eröffneten in den vergangenen Jahren bereits weitere kulturelle Einrichtungen. So befinden sich in der futuristisch umgestalteten östlichen Maschinenhalle das Nationale Zentrum für Filmkultur, die Łódź Film Commission und ein mit modernster Technik ausgestattetes Planetarium. Darüber hinaus gibt es Büros, Tagungs- und Ausstellungsräume. Noch bis zum 3. Juni ist dort die Ausstellung ?Leonardo da Vinci – Die Energie des Geistes“ zu sehen. Sie zeigt Modelle der Maschinen, die das toskanische Genie entworfen hatte, sowie die Produkte polnischer Erfinder, die ihrer Zeit ein Stück voraus waren. Als letzte Investition entsteht derzeit im südöstlichen Gebäude das Zentrum für Comics und Interaktives Erzählen. Der Ort ist von besonderer filmhistorischer Bedeutung, diente er doch dem oscarprämierten Animationsfilmstudio Se-Ma-For und dessen Kindertrickfilmmuseum als Sitz. Die Eröffnung des Zentrums ist für 2019 geplant.
1907 war nahe dem Bahnhof Łódź Fabryczna das erste kommerzielle Elektrizitätswerk der Stadt entstanden. Später kamen neue Gebäude hinzu, und nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte der Ausbau zum Heizkraftwerk. Aus dieser Zeit stammt auch der Name EC1. Im Jahre 2000 stellte es den Betrieb ein. Acht Jahre später beschloss die Stadt das Umbaukonzept und begann mit den Restaurierungsarbeiten. Der Bahnhof wurde erst kürzlich für Hochgeschwindigkeitszüge komplett umgebaut. Zwischen dem Bahnhof und dem neuen Kulturzentrum entsteht ein neues Stadtzentrum. Bis 2022 soll zwischen Bahnhof und Kulturstadt ein grünes Innenstadtforum für Fußgänger und Radfahrer entstehen. Bereits im kommenden Jahr soll ein Tunnel in Ost-West-Richtung fertiggestellt sein, der den motorisierten Verkehr unter dem Gelände durchführt.