2019 jährt sich der Todestag des Münchner Architekten Emanuel von Seidl zum 100. Mal. In Murnau, die Stadt, in die sich Seidl verliebt und dessen Ortskern er maßgeblich geprägt hat, lebt die Erinnerung an ihn weiter. Bunt bemalte Fassaden, sprudelnde Brunnen und der Seidlpark, eine grüne Oase mitten in Murnau, zeugen noch ein Jahrhundert später von seinem Lebenswerk. Zum Dank widmen die Murnauer ihm ein ganzes Jahr – mit Festen, Konzerten und speziellen Führungen.

„Als Seidl 1898 zum ersten Mal nach Murnau kam, war es wohl Liebe auf den ersten Blick“, sagt Alexandra Thoni, Leiterin der Tourist Information Murnau. „Kurze Zeit später kaufte er sich ein Grundstück im Ort, baute eine prächtige Villa und gestaltete einen großen Landschaftspark – den heutigen Seidlpark.“ Mit zeitgemäßen Fassadenmalereien, Handwerks- und Gewerbeemblemen sowie der Bepflanzung der Marktstraße verlieh er Murnau einen frischen neuen Charme. Im Gedenkjahr erfahren Besucher von Mai bis Oktober auf verschiedenen Führungen durch den Ort und den weitläufigen Seidlpark, wie der Architekt aus verschiedenen Stilrichtungen seine unverwechselbare Handschrift formte und wie er mit seiner Fassadengestaltung sogar die Maler des „Blauen Reiters“ zu farbenfrohen Kunstwerken inspirierte.

Eine etwas andere Perspektive auf den extrovertierten Künstler eröffnen die Schauspielführungen von Chiara Nassauer-Boitsos, die montags um 16 Uhr stattfinden: „Seidl“ höchstpersönlich nimmt Kultur- und Naturinteressierte mit auf eine Zeitreise ins frühe 20. Jahrhundert und zeigt ihnen seine persönlichen Lieblingsorte. Beim Spaziergang durch den Park gibt er die eine oder andere Anekdote aus seinem Leben zum Besten und erzählt von glanzvollen Künstlerfesten und ausgelassenen Geburtstagsfeiern, die hier stattgefunden haben. „Seidl liebte es, Besucher zu empfangen. Daher ist es angemessen, das Seidl-Jahr mit vielen Gästen, Theater und Musik zu füllen“, erklärt Alexandra Thoni

Emanuel von Seidl mit Gästen vor 1913

Damals feiern, heute gefeiert: Der bekannte Architekt Emanuel von Seidl lud zu legendären Festen in Murnau. Bild: Bildarchiv Schloßmuseum Murnau.

1910 war der Höhepunkt dieser vergnügten Zeit. Jeder, der Rang und Namen hatte, reiste nach Murnau, um Seidls beruflichen Erfolge und seinen 54. Geburtstag zu zelebrieren. Selbst zwei Königinnen, Elisabeth von Belgien und Marie von Neapel, wollten sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Die Krönung der Feierlichkeiten war die Aufführung von Shakespeares Sommernachtstraum unter Sternenhimmel im Park. Daran möchten die Schauspieler des Freien Theaters anknüpfen. Im Rahmen des Benefizfestivals Kulturknall, das zwischen 18. und 21. Juli Seidls Leben feiert, soll der Sommernachtstraum reinsziniert werden. Das Stück wird an fünf verschiedenen Spielorten aufgeführt und so den gesamten Park beleben. Die Szenenwechsel leitet ein Seidl-Darsteller ein. Gemeinsam mit einer illustren Gesellschaft in historischer Kleidung und einem Privatchor flaniert er voraus und führt die Zuschauer zum nächsten Spielort.

Weitere Programmhighlights des Festivals sind sommerliche Gartenfeste mit klassischen Konzerten und eine Silent-Disco, bei der jeder im Takt seiner eigenen Musik tanzt. Der gesamte Erlös des Festivals wird dem Verein Menschen helfen e.V. gestiftet. Der Verein setzt sich für Kinder in Europa ein und unterstützt Menschen, die in Not geraten sind.

Ganz zu Ende des Gedenkjahres widmet das Schloßmuseum Murnau dem berühmten Architekten eine eigene Ausstellung, die unter anderem neue Erkenntnisse zur Autorenschaft Emmanuel von Seidls bei bestimmten Projekten sowie zu den Beziehungen der Seidl-Familie zu Murnau bieten wird. Start ist am 4. Dezember. (TI Murnau)