Wenn es stimmt, was welt-online heute berichtet, dann sind vor knapp zwei Jahren 149 Menschen an Bord eines Germanwings-Fluges von Wien nach Köln nur äußerst knapp einer Absturzkatastrophe entgangen und Germanwings selbst hat nun ein riesiges Rechtfertigungsproblem, denn angeblich soll der Vorfall von der Airline vertuscht worden sein. Die Fluggesellschaft dementierte mittlerweile die in dem Bericht vorgebrachten Vorwürfe und wehrt sich ihrerseits gegen die angeblich „irreführende Berichterstattung“.
Was war passiert? Laut welt-online kamen Pilot und erster Offizier des Airbus A319 während des Landeanflugs auf Köln in Kontakt mit kontaminierter Kabinenluft. Ursache für die Kontamination soll eine Restmenge einer Glykol-Lösung gewesen sein, die zum Enteisen des Flugzeugs vor dem Start verwendet wird. Eine Restmenge der Enteisungsflüssigkeit soll sich demnach im Triebwerk festgesetzt haben und während des Landeanflugs freigesetzt worden sein. Über den Kabinenluftkreislauf – das Cockpit wird über eines der Triebwerke mit Frischluft versorgt – sollen die schädlichen Dämpfe dann ins Cockpit gelangt sein und beide Piloten fast außer Gefecht gesetzt haben. Nur mit äußerster Mühe und letzter Kraftanstrengung sowie unter Nutzung der Sauerstoffmaske soll es dem Piloten gelungen sein, das Flugzeug noch manuell auf dem Flughafen Köln/Bonn zu landen. Der erste Offizier sah sich anscheinend zu diesem Zeitpunkt dazu schon nicht mehr in der Lage. Wären beide Flugzeugführer ausgefallen, wäre ein Absturz wohl unvermeidlich gewesen und hätte damit eine der schlimmsten Flugzeugkatastrophen in Deutschland der letzte Jahre zur Folge gehabt. Bei im Nachgang durchgeführten Untersuchungen hätten Ärzte bei beiden Piloten einen deutlich verringerten Sauerstoffsättigungsgehalt im Blut festgestellt, der bei beiden jeweils nahe der Ohnmachtsgrenze gelegen habe.
Vorgänge dieser Art müssen von den Fluggesellschaften an die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU ) gemeldet werden. Germanwings tat das wohl auch, jedoch mit einem Wortlaut, der die Dramatik des Falles scheinbar nicht richtig widerspiegelte und daher keine weitere Untersuchung durch die zuständigen Kontrolleure nach sich zog. Erst ein Jahr später sollen die Experten neue Informationen erhalten haben und daraufhin ermittlungen aufgenommen haben. Wichtige Beweisstücke, wie beispielsweise der Voice Recorder oder der Flugschreiber, waren nach dem Vorfall allerdings nicht sichergestellt worden und fehlten zur Aufklärung.
Germanwings äußerte sich heute in einer Pressemeldung zu den Berichten und stellt klar, dass „der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung alle zur Verfügung stehenden Informationen zu dem Zwischenfall sofort und unverzüglich zur Verfügung gestellt und dabei den Vorfall selbst als „gravierend“ eingestuft“ wurde“. Auch habe es eingehende Untersuchungen gegeben, bei denen keine eindeutige Ursache der Geruchsentwicklung festgestellt werden konnte. „Das Flugzeug wurde in Köln intensiv und gemäß den Vorgaben des Herstellers Airbus untersucht und nach umfangreichen Inspektionen wieder eingesetzt.“ Eine Vertuschung des Vorfalls habe es nicht gegeben. Und auch der Pilot habe trotz körperlicher Beeinträchtigung „jederzeit alles unter Kontrolle“ gehabt.
Wessen Darstellung auch den tatsächlichen Vorgängen entspricht – eine lückenlose Aufklärung und Ursachenforschung muss es auf jeden Fall geben, damit sich Vergleichbares nicht wiederholen kann.