Immer wieder gibt es in den Nachrichten Meldungen von Vulkanausbrüchen in allen Teilen der Welt. In den meisten Fällen finden diese abseits von besiedelten Gebieten statt und sind daher für die Menschen vor allem ein faszinierendes Naturschauspiel aber weniger eine Bedrohung von Leib und Leben, insbesondere dann, wenn die Frühwarnsysteme rechtzeitig greifen. Ein sehr ernstes Problem stellen Vulkanausbrüche allerdings mittlerweile für den Luftverkehr dar, was uns ganz besonders beim Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im April 2010 vor Augengeführt wurde, als dessen Aschewolke zum bisher längsten Luftverkehrsverbot im europäischen Luftraum führt und hunderttausende Fluggäste auf den Flughäfen festsaßen. Viele Fluggesellschaften erlitten damals hohe Verluste. Doch was genau macht die Asche für die Flugzeuge so gefährlich? Welche Auswirkungen hat Vulkanasche auf Luftfahrzeuge? Das erforschen derzeit Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Im Fokus des Projekts VolcATS-Vehicle (Volcanic Ash Impact on the Air Transport System) stehen dabei die Auswirkungen der Asche auf das Triebwerk sowie der Einfluss von Vulkanasche auf die Leistung von Luftfahrzeugen durch verschmutzte Flugdatensensoren sowie Navigations- und Kommunikationseinrichtungen.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen helfen, das Gefahrenpotential von Vulkanasche für Luftfahrzeuge detaillierter einzuschätzen. Die gewonnenen Daten, beispielsweise zu Schubverlusten, fließen in die Konzeption weiterer Experimente ein und werden auch für Computersimulationen verwendet, die die Wirkung der Vulkanasche auf Triebwerkskomponenten simulieren. „Der Grenzwert für den Luftverkehr liegt derzeit bei einer Aschekonzentration von zwei beziehungsweise vier Milligramm pro Kubikmeter. Ein bedeutender Faktor ist jedoch auch die Asche-Dosis, die im Laufe eines Fluges aufgenommen wird.“ sagt Dr. Hendrik Lau, vom DLR-Institut für Werkstoff-Forschung. „Wir wollen mit unseren Untersuchungen näher eingrenzen, in welchem Bereich eine für Triebwerke schädliche Aschedosis liegt.“
Vulkanasche schädigt Flugzeugtriebwerke hauptsächlich durch die von scharfkantigen Partikeln verursachte Erosion und durch geschmolzene Asche. Das Zusetzen von Brennstoffdüsen, Kühlluftbohrungen und Turbinenströmungsquerschnitten stellt ein zusätzliches Problem dar. Bei Flügen durch Vulkanaschewolken wurde zudem von Funkunterbrechungen und Auswirkungen auf Navigationssysteme berichtet. Beispielsweise wurden die für die Geschwindigkeitsmessung genutzten Pitot-Sonden mit Vulkanasche kontaminiert.
„Der Grad der Beschädigung ist stark abhängig von der jeweiligen Geometrie der Partikel, ihrer Konzentration, den Betriebsbedingungen des Triebwerks und den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Asche“, erklärt Dr. Hendrik Lau. Während die Erosion durch Vulkanasche weitgehend der durch Wüstenstaub verursachten Erosion gleicht, gab es bislang kaum Erkenntnisse, welche Schäden Vulkanasche-Partikel in der Brennkammer und an den Hochdruckturbinen-Schaufeln anrichten.
Um eine effiziente und saubere Verbrennung zu gewährleisten, herrschen in modernen Turbinen Temperaturen weit über dem Schmelzpunkt von Stahl (Flammentemperaturen von bis zu 2000 Grad Celsius und mehr). Deshalb sind thermisch besonders belastete Bauteile wie Brennkammern und Turbinenschaufeln mit einer keramischen Hitzeschutzschicht ausgestattet. Diese Schutzschicht ist durch ihre säulenartige Struktur flexibel und kann sich dem temperaturbedingten Ausdehnen der darunterliegenden Metallstruktur anpassen. Vulkanasche besitzt aufgrund ihrer komplexen chemischen Zusammensetzung keinen Schmelzpunkt sondern einen Schmelzbereich, der bereits bei 900 Grad Celsius beginnen kann. Honigartig erweicht, kann sie so auf der keramischen Schutzschicht festbacken, wodurch sie der säulenartigen Struktur ihre Flexibilität nimmt und damit die Thermoschockbeständigkeit der Wärmedämmschicht herabsetzt. Ähnlich wie bei einem Emaille-Topf, bei dem die kompakte Emaille (Keramik) bei einer Deformation des Topfes abplatzt, platzt eine durch geschmolzene Vulkanasche kompaktierte Wärmedämmschicht von einer Turbinenschaufel ab, die sich, je nach Flugphase, temperaturbedingt ausdehnt und zusammen zieht. Demzufolge kommen ungeschützte, metallische Oberflächen der Turbinenschaufeln in Kontakt mit dem heißen Gasstrom und können lokal aufgeschmolzen werden. Durch diesen lokalen Schmelzprozess verlieren die Turbinenschaufeln ihre optimale aerodynamische Form, was zu einem Leistungsverlust sowie zu einem erhöhten Treibstoffverbrauch führt. In Extremfällen kann es zu einem Ausfall der Turbine kommen.
Auch wenn Vulkanausbrüche weit entfernt scheinen und eine Aschewolke, wie im Jahr 2010 beim Ausbruch des Eyjafjallajökull in Tausenden Kilometern Entfernung nicht mehr sichtbar ist und damit die Einstellung des Flugverkehrs für viele Fluggäste nicht unbedingt nachvollziehbar erscheint, lassen die Forschungsergebnisse der DLR-Wissenschaftler nur den Schluß zu, dass auch zukünftig aus Sicherheitsgründen schnellstmöglich Flugverbote ausgesprochen werden müssen, wenn sich eine Vulkanaschewolke in einen Flugkorridor bewegt.
Anmerkung: Die Passagen dieses Beitrags, die sich unmittelbar mit den Forschungsergebnissen des DLR befassen, wurden aus einer Meldung des DLR übernommen.
Es ist wirklich erstaunlich, dass es durch Vulkanasche noch keinen Absturz gegeben hat“, sagte schon 1994 Robert Machol, ehemals oberster Wissenschaftler bei der US-Luftfahrtbehorde FAA in Washington DC. „Ich rechne damit jederzeit. Zwischen 1983 undhat es nach Angaben der Behorde US Geological Survey rund hundert Zwischenfalle mit Flugzeugen und Vulkanasche gegeben, immer wieder fielen dabei Triebwerke aus, Absturze oder Tote gab es jedoch glucklicherweise bisher nie.