Elefantenkuh Hoa hat im Zoo Leipzig am späten Freitagabend (25.01.2019) ein männliches Elefantenkalb zur Welt gebracht. Während sich die Anzeichen für die bevorstehende Geburt sukzessive verstärkt hatten, ging die Geburt selbst innerhalb weniger Minuten vonstatten. Im Beisein der Pfleger und in unmittelbarer Nachbarschaft zu den beiden Elefantenkühen Rani und Don Chung wurde der kleine Elefantenbulle um 21.22 Uhr im Elefantentempel Ganesha Mandir geboren.
„Wir freuen uns alle sehr. Mit der gelungenen Geburt haben wir aber nur den ersten Schritt geschafft, die entscheidende Prägungsphase beginnt jetzt erst“, sagt Zoodirektor Jörg Junhold. „Nach den zurückliegenden Dramen um Hoas Nachwuchs, der nicht überlebte, hoffen wir, dass dieses Mal die Aufzucht gelingt. Gegenwärtig sieht es gut aus, das Kalb hat bereits bei Hoa getrunken. Dennoch wissen wir, dass mit dem Aufbau der Bindung und der Akzeptanz des Jungtieres durch Hoa noch eine schwierige Phase vor uns liegt.“
Im Laufe der Nacht hatten Mutter und Jungtier die Möglichkeit, sich von der Geburt zu erholen und sich langsam aneinander zu gewöhnen. Immer unterstützt von den Pflegern, wurde das Jungtier vorsichtig an Hoa herangeführt, um die ersten Trinkversuche zu unterstützen. Dieser Prozess wird in den kommenden Tagen fortgesetzt. „Wir sind extrem froh, wie die Geburt und die ersten Stunden verlaufen sind, aber sind uns der Schwere der kommenden Schritte bewusst. Wir werden nun alles tun, damit Hoa das Jungtier akzeptiert, es regelmäßig trinken lässt und sich eine gefestigte Mutter-Kind-Bindung entwickelt. Diese ist unabdingbare Voraussetzung für ein gesund aufwachsendes Elefantenkalb“, sagt Seniorkurator Gerd Nötzold.
Das Elefantenhaus bleibt zunächst bis auf Weiteres geschlossen, damit sich die MutterKind-Bindung in Ruhe aufbauen kann.
Update (28.01.): Seit der Geburt des Elefantenjungtieres im Zoo Leipzig liegt ein intensives Wochenende hinter dem Zoo-Team: Rund um die Uhr werden Hoa und ihr Nachwuchs von den Pflegern überwacht. Zwar trinkt der kleine Elefantenbulle regelmäßig bei Hoa, aber deutliche Fortschritte beim Aufbau einer stabilen Mutter-Kind-Bindung stellen sich gegenwärtig nicht ein. Der Fokus der Arbeit im Elefantenhaus liegt deshalb einerseits weiter auf dem regelmäßigen Trinken des kleinen Elefantenbullen bei seiner Mutter, andererseits erhalten die in unmittelbarer Nachbarschaft stehenden Elefantenkühe Rani und Don Chung die Gelegenheit, das Jungtier noch durch eine Absperrung hindurch, kennenzulernen. Sie hatten bereits die Geburt am Freitagabend miterlebt und könnten möglicherweise als Tanten eine wichtige Rolle übernehmen. „Uns freut, dass es möglich ist, das Jungtier bei Hoa trinken zu lassen. Gleichzeitig sind wir aber besorgt darüber, dass sie ansonsten wenig Interesse an dem knapp drei Tage alten Kalb zeigt“, schätzt Seniorkurator Gerd Nötzold ein. Das Jungtier sei aber bisher stabil und mache einen guten Eindruck, die potenziellen Tanten zeigen sich interessiert.
Update (14.02.): Nach wie vor werden das am 25. Januar geborene Kalb und Mutter Hoa rund um die Uhr betreut. Die 33-Jährige zeigt trotz intensiver Bemühungen nur in Ansätzen Interesse für den Nachwuchs, so dass seit Wochenfrist die Zusammengewöhnung mit den beiden potentiellen Tanten Don Chung und Rani im Fokus der Arbeit steht. Der sichere Jungtierbereich wurde erweitert und der Nachwuchs erhält ein zusätzliches Futterangebot.
Um die schwierigen Schritte der Gewöhnung und Versorgung im Elefantentempel in Ruhe umsetzen zu können, bleibt der Elefantentempel weiterhin geschlossen.
Update (26.03.): Das am 25. Januar geborene Elefantenkalb erkundet seit einigen Tagen je nach Wetterlage und Gruppensituation zusammen mit den Elefantenkühen Don Chung (36) und Rani (9) zeitweise die Außenanlagen des Elefantentempels. Dieser Schritt war nötig, weil die Aktivität unter freiem Himmel nicht nur die allgemeine Verfassung und insbesondere die körperliche Fitness verbessern, sondern auch die für ein gesundes Aufwachsen notwendige Versorgung mit UVLicht sicherstellt. Zudem wird die laufende Zusammengewöhnung mit den beiden Kühen Don Chung und Rani durch die neue Umgebung intensiviert und trägt zur Stabilisierung der kleinen Elefantengruppe bei. Das Kalb hat durch den intensiven Kontakt zu den beiden Kühen in den letzten Wochen typisches Elefantenverhalten erlernt. Dazu gehört auch der routinierte Umgang mit den beiden potentiellen Tanten. Während Don Chung einen souveränen Umgang pflegt und den Kontakt sucht, zeigt sich Rani wesentlich aufgeregter, was wiederholt kritische Momente zur Folge hat. Zum Schutz des Nachwuchses finden die gemeinsamen Ausflüge daher bis auf Weiteres im Beisein der Pfleger statt, die sich aber schrittweise zurückziehen werden. „Die Zeitfenster, in denen das Kalb auf der Freianlage zu sehen sein wird, werden wir tagesaktuell an unseren Informationsstellen bekanntgeben. Wir bitten um Verständnis, dass das Jungtier aufgrund von schlechter Witterung oder ungünstiger Herdensituation nicht jederzeit draußen auf der Anlage zu beobachten sein wird“, betont Zoodirektor Prof. Jörg Junhold.
Neben der Forcierung der Zusammenführung der Gruppe liegt der Fokus nach wie vor auf der Stabilisierung des Jungtieres. „Das Kalb macht langsam Fortschritte in der Entwicklung, allerdings hat es mit aktuell 105 kg noch nicht das Geburtsgewicht von 108 kg erreicht. Zudem mussten wir in der vergangenen Woche komplett auf Ersatzmilch umstellen, da Hoa keine Milch mehr hat. Dies bedeutet den Verlust einer wichtigen Ernährungskomponente. Ferner wurde ein momentan nicht lebensbedrohlicher Nabelbruch diagnostiziert, der innerhalb der nächsten Wochen eine Operation erforderlich macht. Insofern können wir noch nicht von einer stabilen Situation sprechen“, ordnet Zootierarzt Dr. Andreas Bernhard den gesundheitlichen Zustand ein.
Hoa (33) hat derzeit keinen direkten Kontakt zu ihrem Jungtier. Sie wird zusammen mit der Elefantenkuh Trinh (36) und stundenweise auch mit Don Chung und Rani zusammengelassen, um die ursprüngliche Gruppenkonstellation nicht zu gefährden. In dieser Zeit wird das Kalb entweder durch die Pfleger beschäftigt oder schläft auf der Innenanlage. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nicht abschätzen, ob oder wann wir Hoa wieder mit ihrem Kalb zusammenbringen.
Sie hat in der Vergangenheit mehr als deutlich ihre Ablehnung gegenüber dem Jungtier gezeigt, darum müssen wir genau abwägen, wann der richtige Moment gekommen ist. Bis dahin muss das Gruppengefüge zwischen Kalb und den „Tanten“ mehr als gefestigt sein, sodass diese ihm Schutz bieten“, erläutert Junhold die Situation um Hoa.
Für die neunjährige Rani setzt die behutsam gesteuerte Zusammenführung mit dem Kalb nicht nur wichtige Lernimpulse für das Erlernen sozialer Rollen im Herdenverbund, sondern hat noch einen anderen wichtigen Aspekt: Rani ist vom Leipziger Elefantenbullen Voi Nam (16) trächtig. „Rani ist Erstgebärende und unterliegt als unerfahrene Mutter einem besonderen Risiko. Deshalb setzen wir alles daran, dass sie optimal auf die Geburt vorbereitet wird und hoffen natürlich, dass die Geburt und Aufzucht, die für das erste Quartal 2020 erwartet wird, positiv verläuft. Durch den intensiven Kontakt zu Hoas Kalb haben wir die Chance, Rani auf ihre eigene Mutterrolle vorzubereiten“, so Junhold.
(Zoo Leipzig)